Fernreisen mit Kleinkindern: 20 gute Gründe dafür (und einer dagegen)
Kleinkinder, besonders die unter 3 Jahren, sind verdammt anstrengend.
Sie rennen blitzschnell auf viel befahrene Straßen, schmeißen sich in aller Öffentlichkeit schreiend auf den dreckigen Boden, haben steinzeitliche Tischmanieren, werden immer zur Unzeit quengelig und brauchen eine Stunde für 100 Meter Wegstrecke.
Das ist aber auch schon der einzige Grund gegen Fernreisen mit Kleinkindern, der mir einfällt. Okay, ein gewichtiger. Doch erstens tun sie all das auch zuhause (Was ist also gewonnen durch Daheimbleiben?) und zweitens beschränken sich diese Probleme bei den meisten Kids auf die Zeit etwa zwischen dem 1. und 3. Geburtstag.
Daher – getreu dem Motto „Lieber ein Trotzanfall unter Palmen als in der Fußgängerzone“-flugs zu unserer
„Fernreisen mit Kleinkindern-PRO-Liste“:
- Kleinkinder sind Eisbrecher, Türöffner, Gesprächsanlass, Völkerverständigung pur. Menschen aller Kulturen begeistern sich für kleine Kinder, und die Erfahrung der Elternschaft vereint Menschen über alle kulturellen Grenzen hinweg. Nichts macht es leichter, mit Einheimischen überall in Kontakt zu kommen als ein kleines, süßes (am besten noch blondes) Kind. Familien bekommen so einen anderen Zugang zum Reiseland.
- Wir sind nicht an die Schulferien gebunden. Sobald das älteste Kind 6 wird, greift die sehr strenge deutsche Schulpflicht und erlaubt Reisen meist nur noch zu den teuersten, überfülltesten Zeiten. Nutzt die Freiheit davor! Viele tolle tropische Ziele (z.B. ein Großteil Thailands) haben zudem in unseren Sommerferien Regenzeit. Bereist sie vor der Einschulung und ihr könnt die optimale Reisezeit wählen.
- Kleinkinder müssen raus und sich bewegen, und beides passiert auf Reisen ganz automatisch. Nichts macht ausgeglichener und zufriedener als ein ganzer Tag an der frischen Luft (übrigens auch der Grund, warum -entgegen verbreiteter Befürchtungen- Kinder im Urlaub oft länger schlafen als daheim). Warum also nicht öfter dem nasskalten mitteleuropäischen Winter entfliehen, der uns allzu oft zu medienglotzenden Stubenhockern mutieren lässt?
- Es kann für gestresste Eltern unendlich erfrischend sein, ihren Nachwuchs in einem anderen Umfeld zu erleben. Während im Alltag die immer gleichen Situationen und Verhaltensweisen nerven, entdecken fast alle Eltern fernab der Heimat neue, positive Seiten an ihren kleinen Quälgeistern: Zimperliche Stadtkinder begeistern sich auf einmal für Insekten, schüchterne Mäuse blühen durch die ungewohnte Kinderfreundlichkeit auf, unausgeglichene Zappelphilippe entspannen sich nach Tagen in der Natur herrlich….
- Nichts macht unsere Kinder glücklicher, als wenn wir Zeit und Aufmerksamkeit für sie haben. Auf Reisen, ohne Ablenkung durch Job, Haushalt usw., gelingt uns das am allerbesten. Gerade kleine Kinder genießen das intensive Zusammensein mit (entspannten) Eltern unendlich.
- Kleinkinder leben im Hier und Jetzt, genau das, was wir Erwachsene auf Reisen (und überhaupt) auch lernen sollten. Auf Reisen haben wir die Zeit und Muße, uns gemeinsam mit unseren Kindern an Details zu erfreuen, die die Kleinen so faszinieren: Insekten, die Blätter der Pflanze am Wegesrand, ungewohnter Bodenbelag….
- Eltern können ihr Reiseziel noch frei wählen. Kleinkinder sind offen für alles und kommen überall mit. Sie fühlen sich dort wohl, wo ihre Eltern sind.
- Fernreisen mit Kleinkindern sind deutlich billiger als mit älteren Kindern. Vor dem 2. Geburtstag reisen Kinder fast gratis um die Welt. Auch wenn sie danach fast den vollen Flugpreis zahlen, kosten sie immer noch deutlich weniger als etwa Teenager. Kinder unter 6 zahlen vielerorts keinen Eintritt und benützen öffentliche Verkehrsmittel gratis. Im Hotel brauchen sie noch keine eigenen Zimmer oder richtige Betten.
- Kleinkinder wecken Hilfsbereitschaft. In schwierigen Situationen bekommt man als Familie oft leichter Unterstützung. Auch werden Kriminelle durch die Anwesenheit kleiner Kinder abgeschreckt.
- Kinder sind von Natur aus vollkommen vorurteilsfrei. Sie kennnen keine kulturellen, sozialen oder sprachlichen Barrieren. Jedes fremde Kind ist ein potenzieller Spielkamerad. Diese wundervolle Haltung gilt es zu kultivieren. Ein Kind, das von klein auf die Begegnung mit fremden Kulturen als selbstverständlich und bereichernd erlebt, ist maximal gefeit gegen Intoleranz, Vorurteile und Kleingeistigkeit.
- Kinder werden unterwegs nicht öfter krank, im Gegenteil, das können alle fernreisenden Eltern bestätigen. Wenige Länder haben ein Klima, das für Kleinkinder so ungesund ist wie ein deutscher Winter. Auch sind die Kinder mehr an der frischen Luft und weniger in Kontakt mit anderen Kindern (Infektionsherd Kita fällt weg!). So reiste unser Baby 3 Monate putzmunter durch Südostasien, während unsere Freunde zuhause von einem Infekt in den nächsten stolperten.
- Man ist gezwungen langsamer zu reisen, und das kann eine echte Befreiung sein. Das hektische Abhaken von Sehenswürdigkeiten haben wir lange genug gehabt. An einem besonders schönen Ort für mehrere Wochen ein Apartment zu mieten ist eine kinderfreundliche Reiseform und erlaubt Eltern, tiefer in den Alltag des Reiselandes einzutauchen.
- Liebe zur Natur (die jedem Kind angeboren ist) lässt sich auf Reisen leichter fördern als zuhause. Kinder eignen sich die Natur auf spielerische Weise an („Mein Baum, hier wohne ich“), und je mehr unkultivierte Natur wir ihnen dafür bieten, desto besser .Damit legen wir auch die Grundlage für die Entwicklung von Umweltbewusstsein. (So kann man schon auf einer Wohnmobil-Reise erfahren, dass sauberes Wasser keine unendlich vorhandene Ressource ist.)
- Wir schaffen Erlebnisse und Erinnerungen, die die Familie zusammenschweißen. Im Zeitalter von Digitalfotografie und Reiseblogs ist es einfacher denn je, diese Erinnerungen auch bei Kleinkindern wachzuhalten. Zurück im Alltagsstress können sie als „Entspannungshilfe“ Wunder wirken. Auch Geschwisterbeziehungen profitieren übrigens von den gemeinsamen Erlebnissen.
- Man erfährt endlich mal echte Kinderfreundlichkeit. Es tut Eltern einfach gut zu erleben, wie fürsorglich in den meisten Kulturen auch mit fremden Kindern umgegangen wird. In manchen Länder führt dies zu ungeahnten Freiheiten, wenn z.B. in asiatischen Restaurants der Nachwuchs so liebevoll bespaßt wird, dass Mama und Papa ein entspanntes Pärchen-Essen genießen können (ist uns in Bali und Thailand zigmal passiert).
- Überhaupt begegnet man auf Reisen so viel Herzlichkeit und Großzügigkeit, an der unsere Kinder (und wir) uns nicht nur wärmen können, sondern die uns vielleicht (hoffentlich) hilft, selbst zu freundlicheren Menschen zu werden. Besonders bei Fernreisen mit Kleinkindern erfährt man oft unvorstellbare Freundlichkeit und Gastfreundschaft.
- Reisen bildet, und das gilt gerade für Kleinkinder mit ihrer unendlichen Neugierde. Wenn man es richtig anstellt, kann man sie für fast alles begeistern. Was sie in diesen prägenden Jahren (da denke ich v.a. an die etwa 3-8Jährigen) auf Reisen selbst erfahren, erweitert ihren Horizont und fördert ihre geistige Entwicklung mehr als jedes Schulbuch. Dass Reisen schlau macht, können auch Lernpsychologen bestätigen, hier ein interessanter Artikel dazu.
- Babys unter 1 Jahr sind in vielerlei Hinsicht die unkompliziertesten Reisebegleiter. Sie können getragen werden, schlafen viel, hauen nicht ab, werden im Idealfall noch gestillt, kosten praktisch nichts, mischen sich nicht in die Reiseplanung ein und können sogar abends ins Restaurant mitgenommen werden.
- Mit Kindern, die noch Mittagsschlaf machen, können reisende Eltern tägliche Auszeiten genießen -sei es, um längere Autofahrten quengelfrei hinter sich zu bringen oder für einen kleinen Museums- oder Shoppingbummel (mit schlafendem Kind im Buggy).
- Last but not least, eine für mich persönlich ganz gewichtige Motivation: Unsere Kinder wachsen heutzutage in einer von Konsumwahn, Digitalisierung und Überfluss geprägten Gesellschaft auf. Fernreisen schaffen ein wunderbares Gegengewicht zu diesen ungesunden Einflüssen. Eltern erleben staunend, mit wie wenig Spielzeug ihre Kleinen auf Reisen auskommen, und Kinder erfahren, dass man auch ganz anders leben kann, und nicht unbedingt schlechter.
- Glückliche Eltern = Glückliche Kinder. Und Reisen macht glücklich.
7. Dezember 2014 at 23:06
Toller Beitrag!
15. Dezember 2014 at 18:40
Super Beitrag 🙂
17. Dezember 2014 at 12:16
susi… kannst stolz auf dich sein!
toller blog! dicken schmatzer 🙂
25. Dezember 2014 at 18:46
Liebe Susi, endlich hab ichs gefunden, find es super, schreib doch bitte etwas über Dein Sabbatical. Das war ja doch auch ein Abenteuer, und dann hast Du auch die Singles mit auf die Reise genommen.
Ferner könntest Du ja erzählen, wie war reisen allein und wie ist es nun.
21. Januar 2015 at 11:36
Liebe Petra, danke für den Hinweis. Über mein Sabbatical gibt es einen eigenen Blog (damals noch auf Travelpod), den findest du hier.
16. Januar 2015 at 22:45
Ein super Blog! Toll gemacht! Und super geschrieben!
Gern sammeln wir mal wieder Erfahrungen mit euch in neuen Zielen!!! 😉
20. Januar 2015 at 12:39
Vielen Dank, ihr Lieben! Die nächsten Artikel sind schon in der Mache.