Portugal: Von kleinen Katastrophen und falschen Fotos
Gelegentlich bekomme ich zu hören, dass ich das Reisen mit Kindern zu rosig darstelle. Um diesen Eindruck gerade zu rücken, hier ein Bericht über unseren bisher schwierigsten Urlaub mit zwei Kleinkindern, und zwar handelte es sich dabei um…..(einen Dschungeltrip im Kongo? Trekking im Karakorum? Busreise durchs indische Hinterland?) Nein!
….einen Städetrip ins schöne Lissabon!
Die Tage in der portugiesischen Hauptstadt haben mich mal wieder belehrt, dass
1. Reisen mit Kleinkindern wirklich stressig sein kann (Habe ich das bisher vergessen zu erwähnen?)
2. dies in Europa genauso (oder sogar eher?) der Fall sein kann als an vermeintlich „gefährlichen“ Fernzielen
3. Fotos die Realität einer Reise immer verzerren (gottseidank, wir wollen schließlich schöne Erinnerungen)
4. Humor das wichtigste Gepäckstück im Familienurlaub ist.
Daher hier ein (nicht zu ernst zu nehmender) Realitätscheck unserer Portugal-Fotos. Ach ja, die Algarve ist auch dabei, denn selbst dieses vermeintliche Familien-Traumziel hat so seine Tücken….
Dieses Foto zeigt: Glückliche Kinder, die sich mitten in der Großstadt an einem Stadtstrand austoben können
Dieses Foto zeigt nicht: Die extrem überschaubare Größe des „Strandes“, das dreckige Wasser des Tejo (nein, Lissabon liegt leider nicht am Meer, wie ich früher mal dachte) und den Trotzanfall der Kleineren, als sie nicht ins Wasser durfte
Dieses Foto zeigt: Einen glücklichen Vater, der seinen Töchtern nach einem ausgiebigen gemeinsamen Stadtbummel eine wohlverdiente Verschnaufpause gönnt
Dieses Foto zeigt nicht: dass der Stadtbummel vor 2 Minuten begonnen hat.
Dieses Foto zeigt: Zwei von der Lissabonner Straßenbahn faszinierte Kinder im goldenen Morgenlicht
Dieses Foto zeigt nicht: dass der goldene Morgen mit goldigem Geschrei um 5 Uhr begonnen hat, ca.1 Stunde, nachdem das ohrenbetäubende Lissabonner Nachtleben endlich verstummt war.
Dieses Foto zeigt: Ausgelassene Strandfreuden in der Sonne der Algarve
Dieses Foto zeigt nicht: Das Ausmaß der genossenen Sonne, das dazu führte, dass eines der Kinder in die Bettwäsche der Ferienwohnung kotzte, natürlich nachts, als kein Ersatz zu bekommen war
Dieses Foto zeigt: Neugierige Kinder, die wissensdurstig auf Erkundung in der Lissabonner Burg gehen
Dieses Foto zeigt nicht: dass 5 Minuten zuvor eines der Kinder um Haaresbreite von den niedrigen und völlig ungesicherten Mauern des Kastells in die Tiefe gestürzt wäre.
Dieses Foto zeigt :Ein idyllisches Plätzchen in der Lissabonner Alfama (dem ältesten Bezirk der Stadt), wie geschaffen als Kinderspielplatz
Dieses Foto zeigt nicht: dass wir in ganz Lissabon keinen richtigen Kinderspielplatz gefunden haben und deshalb Stunden auf solchen kleinen Plätzen zubringen musten
Dieses Foto zeigt: Biologische Horizont-Erweiterung im Fischmarkt von Tavira (an der Algarve)
Dieses Foto zeigt nicht: Das lautstarke Scheitern der entsprechenden kulinarischen Horizonterweiterung („Iss will kein Fiss, iss will Nudeln mit Pammesan!!“)
Und trotzdem:
würde ich niemandem abraten, mit Kindern nach Portugal zu fahren. Für Lissabon waren unsere Kinder einfach ein bisschen zu jung, Schulalter wäre wahrscheinlich ideal.
Tipps für Lissabon:
Die engen Bürgersteige und steilen Straßen machen den Stadtbummel mit Kindern anstrengend. Es gibt aber unzählige. für Kinder attraktive Beförderungsmittel: Doppeldeckerbusse, die berühmte Uralt-Straßenbahn 28, die Touristenversion derselben (teurer, aber nicht so voll), Elektro-Zweisitzer , Amphibienfahrzeuge und sogar Tuktuks (mit denen man auch durch die engen Gassen der Oberstadt kommt – ein Riesenspaß für alle Familienmitglieder). Vor allem mit kleineren Kindern sollte man sich eine dieser Stadtrundfahrten gönnen.
Die Restaurants am Praca do Comercio sind sehr touristisch, aber ideal für Familien. Man hat die Kinder im Blick, die auf dem prächtigen, autofreien Platz herumtollen können. Es gibt dort auch ein kleines Karussell und manchmal fahren riesige Kreuzfahrtschiffe vorbei. Auch das dortige Lisboa Story Centre, ein interaktives Museum zur Stadtgeschichte, ist reizvoll für Kinder ab etwa 4 Jahren.
Das berühmte Aquarium Oceanario ist mit Kindern natürlich ein Muss. In dessen Umgebung (dem Parque dos Nacoes) findet man aber auch Spielplätze, eine Schwebebahn und ein interaktives Wissenschaftsmuseum.
Ein traumhafter Tagesausflug führt in die Paläste und Gärten von Sintra. Der Palacio Nacional da Pena z.B. ist ein echtes Neuschwanstein-Märchenschloss in einem riesigen, verwunschenen Park (den fußfaule Kinder auch mit einer kleinen Tram durchqueren können). Selbst Kleinkinder zieht die märchenhafte Atmosphäre dort schon in ihren Bann.
In Sintra gibt es so viel zu entdecken, dass es sich für Familien auch als alternativer Standort anbietet (45 Min. mit dem Zug nach Lissabon).
Tipps für die Algarve
Die gesamte Südküste Portugals ist ein unkompliziertes und relativ günstiges Familien-Reiseziel, wenn man über die extreme touristische Erschließung hinwegsehen kann.
Tendenziell wird das Meer in Richtung Osten wärmer und ruhiger d.h. kindergeeigneter.
Zwei empfehlenswerte Strandorte sind das noch einigermaßen ruhige Olhos de Agua und Tavira ganz im Osten. Ersteres liegt in der Nähe des berühmten Traumstrandes Praia da Falesia.
Letzteres ist ein bildhübsches Städtchen mit einer riesigen vorgelagerten Sandbank- ein Traum für Kinder! Ein Boot fährt einen in 5 Minuten von Tavira hinüber, und es gibt auch einen komfortablen Campingplatz auf der Sandbank. Wer einfach nur einen erholsamen, bezahlbaren Strandurlaub mit Kindern in Europa sucht, der kann es kaum besser treffen.
Aber Achtung vor der Sonne -siehe oben! (Es war übrigens Oktober, als sich unsere Tochter besagten Sonnenstich zugezogen hat.) An den beiden oben genannten Stränden gibt es aber massenweise Sonnenschirme zu mieten.
Fazit:
Mit etwas mehr Glück, als wir es hatten, kann man in Portugal mit Kindern sicher einen wunderbaren Urlaub verleben.
Abgesehen davon suchen uns die kleinen Katastrophen des Kinderalltags ja auch zuhause heim.
Also : Behaltet euren Humor, ob daheim oder „on the road“, und lest mal wieder: „20 Gründe für Fernreisen mit Kleinkindern“.
16. März 2015 at 22:16
Hallo Susi,
du weißt, wir hatten auch unseren Spaß an der Algarve, können das Reiseziel uneingeschränkt für Kinder empfehlen. Sie müssen sich nur an das etwas kältere Wasser gewöhnen… aber das geht schnell!
17. März 2015 at 20:03
Lieber Ulrich, du hast natürlich recht. Die Algarve ist wahrscheinlich sogar eines der besten Reiseziele mit Kindern überhaupt. Der ganz normale Wahnsinn mit Kindern kann einen einfach überall ereilen. Kannst du noch einen Strand empfehlen? Liebe Grüße, Susi
27. April 2015 at 23:48
Herrlich! Das weckt Erinnerungen an unsere früheren Reisen. Bei solchen Gelegenheiten stelle ich aber immer wieder erfreut fest: Das Reisen wird tatsächlich viel stressfreier mit zunehmendem Alter der Kinder. Unsere Jungs sind jetzt 8 und 10, und obwohl sie immer noch häufiger in ungesicherte Abgründe zu stürzen drohen (die es in Süd- und Osteuropa ja leider an jeder Ecke gibt), kann ich über die anderen Punkte nicht mehr groß klagen. Und das Gute ist: Wenn du die Kleinen schon in frühen Jahren fürs Reisen begeisterst, können sie mit solchen Situationen später problemlos umgehen.
Wir sind übrigens in zwei Wochen in Lissabon. Dann schauen wir mal, wie gut sich die portugiesische Hauptstadt für unsere Gewichtsklasse eignet. 🙂
28. April 2015 at 9:40
Liebe Lena,
das hört man doch gerne. Ich freue mich auch schon auf diese Zeit. Die meisten scheinen sich ja einig zu sein, dass man mit Kindern im Grundschulalter wunderbar reisen kann.
Ihr werdet bestimmt eine tolle Zeit in Lissabon haben. Werden wir etwas auf eurem Blog darüber lesen? Bin schon gespannt.
Liebe Grüße,
Susi
27. April 2015 at 23:49
Sehr schöne Sammlung! Solche Fotos und Beschreibungen könnte sicher jeder auch im Heimatort zusammenstellen (mit Kindern im passenden Alter) 🙂
Übrigens gibt es doch (einige wenige) Spielplätze in Lissabon, z.B. am Praca Principe Real. 😉 Wir hatten aber auch den Vorteil eines Buggy-/Trage-Kindes. https://timafe.wordpress.com/2013/09/27/madeira2lissabon/
Algarve & Tavira fanden wir auch toll, leider hatten wir Pech mit Wetter & Erkältung aber dafür kann ja Portugal nichts!
28. April 2015 at 9:46
Liebe Mary,
euer Lissabon- Artikel ist wirklich ein interessanter Vergleich zu meinem. Ich fand auch einiges leichter, als man die Kinder noch tragen konnte.
Ich muss gleich mal noch ein bisschen mehr in eurem Blog stöbern. Den kannte ich noch gar nicht, aber er macht einen sehr spannenden Eindruck.
Liebe Grüße,
Susi
28. April 2015 at 15:24
Hallo Susi,
lustig zu lesen! Bei uns geht es Ende Mai mit 2 Kids für 3 Nächte nach Lissabon und danach weiter an die Algarve, in ein Ferienhaus zwischen Olhão und Tavira. Unsere sind 4 und 7 Jahre, mal schauen wie es klappt. Das wichtigste beim Reisen sind immer noch die entspannten Eltern und das sind wir im Urlaub sicher mehr als daheim! 😉 Ich werd mir Deine Tipps notieren – danke.
Liebe Grüße
Sonja
28. April 2015 at 16:17
Hallo Sonja,
das wird bestimmt eine toller Urlaub! Mein Bericht war ja auch etwas augenzwinkernd gemeint. Falls du noch etwas Tolles für Kinder entdeckst, würde ich mich über einen Kommentar dazu freuen.
Ganz viel Spaß und liebe Grüße,
Susi
28. Januar 2017 at 0:06
Unsere beiden Kids waren damals in Lissabon 3 Jahre und 11 Monate alt, und wir haben dort herrliche Tage verbracht. Wir haben es aber auch sehr ruhig angehen lassen und trotzdem einiges gesehen von der Stadt. Ich wage mal zu behaupten, dass man auch mit recht kleinen Kindern gut Städtetrips machen kann.
Aber klar, heute ist das alles schon nochmal um einiges einfacher! Nach Lissabon würde jedenfalls gerne nochmal fahren.
//Hartmut