Interview: Mit vier Kindern auf Weltreise
Nun geht es ja bei uns vieren bald los: Am 30.11. fällt der Startschuss für unsere 7monatige Tour durch Mexiko, Hawaii und den Westen der USA. Die Reisevorbereitungen laufen auf Hochtouren. Gerade haben wir unsere Flüge gebucht!
Zur Einstimmung lese ich gerade am liebsten alles zum Thema „Mit Kindern auf Weltreise“. Dabei bin ich auf Familie Conradi gestoßen und war sofort begeistert. Mit vier schulpflichtigen Kindern in einem Jahr einmal um den Erdball, auf einer abwechslungsreichen Route durch die unterschiedlichsten Länder. Auf ihrem Blog in365tagenumdiewelt lassen sie uns daran teilhaben.
Meine Neugier war geweckt und ich bat Jana Conrad um ein Interview. Ihre Antworten sprechen mir aus der Seele und sind, wie ich finde, eine großartige Ermutigung, sowohl für andere Eltern, die davon träumen, mit Kindern auf Weltreise zu gehen, als auch für alle, die meinen, mit mehreren Kindern nicht mehr weit reisen zu können.
1. Was waren die extremsten Reaktionen (positiv wie negativ), die ihr auf eure Reisepläne bekommen habt?
Die Reaktionen auf unsere Reisepläne, waren diesmal recht unspektakulär. Natürlich fragten uns viele als Erstes, wie das denn mit 4 Kindern und der Schulpflicht klappt, andere machten sich etwas Sorgen, dass wir unsere „armen“ Kinder schon wieder aus der gewohnten Umgebung reiseen. Viele beneideten uns und manche bezeichneten uns als „verrückt“. Erstaunlich oft bekamen wir zu hören, dass wir ja sehr reich sein müssten…
Insgesamt haben wir aber die meisten Menschen in unserem Umfeld nicht sonderlich überrascht. Ich hatte den Eindruck, dass es doch relativ viele Familien gibt, die gerne etwas ähnliches machen würden, wenn auch vielleicht nicht für ein ganzes Jahr. Aber alle glauben, dass es für sie, aus welchen Gründen auch immer, nicht möglich ist. Finanzielle Aspekte, Job, Ortsgebundenheit oder familiäre Verpflichtungen werden als Gründe genannt. Ich bin der Meinung, dass jeder eine Auszeit mit Familie verwirklichen kann, wenn man es wirklich will.
2. Wie und wann habt ihr die Kinder auf die Reise vorbereitet?
Unsere Kinder waren alle von Anfang an, in die Planung einbezogen. Auch als sie noch kleiner waren, haben wir so wichtige Entscheidungen nicht getroffen, ohne sie vorher mit allen diskutiert zu haben. Natürlich können sie die Tragweite manchmal noch nicht abschätzen, aber wenn eins der Kinder gegen die Reise gewesen wäre, hätten wir sie nicht gemacht.
3. Wie lange träumt ihr schon von dieser Reise und wann habt ihr euch konkret entschlossen?
Durch Thomas Freiberuflichkeit, müssen wir immer etwas flexibel sein. In den letzten 13 Jahren hat er nicht immer in unmittelbarer Nähe gearbeitet. Manchmal ist er alleine für 3-4 Tage pro Woche in eine andere Stadt gefahren, einmal war er ein halbes Jahr in England und ich bin, mit damals zwei Kleinkindern, alleine in Deutschland geblieben. Danach haben wir gemeinsam entschieden, dass eine solche „Trennung“ für uns nicht noch einmal in Frage kommt. Darum sind wir 2009 ein Jahr mit der Familie zusammen in Bonn gewesen und dann 2012, mit in die Schweiz gegangen. Thomas bekam einen Job in Luzern und wir wohnten alle gemeinsam für ein halbes Jahr, in einer Blockhütte ohne Strom, oberhalb vom Sarner See. Damals unterrichtete ich die Kinder das erste Mal selber und wir alle genossen diese wunderschöne Zeit. Danach war klar, dass wir eine Familien-Auszeit wiederholen wollten. Lange überlegten wir, wie und wann. Gefangen im Alltag, mit 4 Schulkindern, vermissten wir die wertvolle Zeit immer mehr. Selbst die Wochenenden waren oft bestimmt durchs Lernen für Klassenarbeiten. Unsere erste Idee war, den europäischen Fernwanderweg, von Sizilien zum Nordkap, zu wandern. Allerdings kam dann von den Jungs der Wunsch, doch lieber englischsprachige Länder in unsere Route einzuplanen, so dass sie für die Schule profitieren können. Etwa ein Jahr vor Beginn unserer Reise, stand dann unser Plan für die Weltreise fest.
4. Nach welchen Kriterien habt ihr die Route ausgewählt?
Nachdem unser Entschluss, eine Weltreise zu machen, fest stand, ging es an die Routenplanung. Wir gaben jedem zwei Tage Zeit, sich zu überlegen was
in dem Jahr unbedingt gemacht werden sollte. Auf Zetteln hielt jeder seine Wünsche fest. Die Mädchen haben noch keine Vorstellung von anderen Ländern gehabt, so dass auf ihren Wunschlisten hauptsächlich Tiere standen. Jesco und Nils hatten da schon konkretere Ideen. Wir setzten uns zusammen, mit dem Ziel, von jeder Liste mindestens 1-2 Wünsche in unsere Route mit aufzunehmen. Als erstes strichen wir Länder, die auf Grund ihrer politischen Lage momentan für uns nicht in Frage kamen. Eigentlich wollten die Jungs gerne nach Ägypten, aber das muss warten. Jesco wollte gerne den Inka-Trail laufen und zum Machu Picchu. Da aber dort leider Regenzeit ist, wenn wir in Südamerika sind, planten wir als Alternative Yukatan und die Maja Ruinen ein. Die Wünsche der Kinder waren zum Beispiel: Pinguine, Känguruhs, Lamas, schnorcheln, Haie, Neuseeland, Safari in Afrika, Dschungel…
Die Gesamtroute zu planen dauerte etwa 3 Monate und kostete mich unendlich viel Geduld. Wir wollten möglichst keine Monsun- oder Hurricanezeiten erleben, nicht in Hochrisikogebiete für Malaria und eine Reihenfolge, die unnötige Flüge vermied und als Around the World Ticket machbar war. Irgendwann stand unsere Traumroute, mit der wir alle 6 glücklich waren. Aber plötzlich schien es, als wäre diese nicht als Ticket verwirklichbar. Wir waren schon total frustriert, als ich im Internet auf Frauke Manninga, von REISS AUS! stieß. Meine Mailanfrage beantwortete sie noch am gleichen Tag und unsere Route konnten wir kurz darauf buchen.
5. Wie finanziert ihr eure Reise und mit welchen Kosten rechnet ihr insgesamt?
Wir haben für unsere Reise nichts verkauft oder aufgelöst. Gezielt darauf gespart haben wir eigentlich nur im Jahr davor. Aber wir leben schon immer so, dass wir versuchen Geld auf die Seite zu legen. Vor 10 Jahren haben wir unser Haus gekauft und wohnen in einem sehr kleinen Ort. Wir verbringen unsere Freizeit am liebsten mit der Familie in der Natur. Teure Urlaube im Ausland, haben wir mit den Kindern noch nicht unternommen. Wir haben keine Flatrate fürs Handy und gehen Abends nicht Party machen. Natürlich verdient Thomas nicht schlecht, aber da ich kein Geld verdiene, stehen wir nicht besser da, als viele andere Familien auch. Es sit eine Frage der Prioritäten, wo man sein Geld lässt.
Unsre Flugtickets waren mit ca. 25.000€ sehr teuer, aber wir sind auch 6 Personen und haben eine sehr umfangreiche Route gebucht. Ein festes Budget haben wir für die Reise nicht eingeplant. Unterwegs versuchen wir so günstig wie möglich zu recht zu kommen, allerdings nicht so billig, dass wir uns nicht wohlfühlen. Ich vermute momentan, dass wir pro Monat mit 3000-5000€ rechnen müssen, je nach Land. In Afrika waren die Mietwagen recht teuer, dafür haben wir fast immer selbst gekocht und da sehr wenig Geld gebraucht. Malaysia war bisher das günstigste Land, da wir in Sri Lanka mit Guide unterwegs waren.
Mal gucken, was wir hinterher wirklich gebraucht haben, wir sind selbst gespannt 😉
6. Was war euer bisher schönstes Erlebnis?
Oh, das ist eine sehr schwere Frage. Wir hatten so viele tolle Erlebnisse und wahrscheinlich würde jeder etwas anderes sagen. Unsere ersten Elefanten in Afrika, tolle Begegnungen auf den Zeltplätzen, wunderschöne Tage in Sri Lanka… Für mich war das prägendste Erlebnis, unsere Zeit mit einer Familie in Malaysia, die uns bedingungslos in ihre Familie aufnahm. Es waren nur 10 Tage, aber der Abschied fiel uns fast so schwer wie von Zuhause.
7. Wie reagieren die Leute unterwegs auf eine 6köpfige Globetrotter-Familie?
Wir haben noch in keinem Land, negative Erfahrungen gemacht. Unsere Kinder sind sehr offen und unkompliziert und öffnen überall alle Türen. Wir werden begeistert aufgenommen und jeder ist neugierig und interessiert an unsere Reise. Manchmal ist es schon fast unangenehm, wenn Menschen, die selbst fast nichts besitzen, uns und unsere Kinder beschenken wollen. Wenn wir unterwegs in Hostels wohnen, sind es vor allem junge Pärchen, die sehr interessiert sind und denen wir Hoffnung geben, dass das Leben nicht vorbei ist, wenn man Kinder hat. Anscheinend ist es für viele das erste Mal, dass sie erleben, dass es möglich ist, als Familie zu reisen und die Welt außerhalb von Luxusresorts zu entdecken.
8. Wie kommt ihr zu sechst bezahlbar unter?
Das ist von Land zu Land unterschiedlich. In Südafrika und Namibia hatten wir unsere Zelte recht oft im Einsatz. Es gibt dort wunderschöne Campingplätze, die sehr gut finanzierbar sind. In Sri Lanka waren wir in Unterkünften mittlerer Preisklasse, die unser Guide günstig für uns vorgebucht hatte. Malaysia war toll. Schnell haben wir herausgefunden, dass Hostels und Backpacker nicht die beste Lösung für uns sind. Ein normales Zimmer, mit einem Doppelbett und eigenem Bad ist nicht teurer. Da wir die Isomatten und Innenschlafsäcke dabeihaben, legen sich die Kinder auf den Boden. Manchmal haben wir sogar ein Zustellbett oder sehr große Betten, so dass sich zwei auf dem Boden abwechseln. Ein eigenes Bad zu haben ist schon sehr angenehm. Außerdem ist es Nachts meistens ruhiger, außerdem sauberer. Für etwa 10€ pro Nacht/Zimmer, war oft sogar ein Frühstück dabei. In Australien, Neuseeland und Chile wollen wir auch wieder größtenteils zelten.
9. Was ist das größte logistische Problem beim Reisen mit 4 Kindern?
Wir haben vor Beginn der Reise wochenlang überlegt, was mit muss und was nicht. Trotzdem haben wir ziemlich viel Gepäck. Das Hauptproblem ist unsere Route. Da wir zu verschiedenen Jahreszeiten in völlig anderen Kulturen sind, haben wir leichte und warme Kleidung dabei. Außerdem die Zelte, Isomatten, Schlafsäcke, Kocher, Wasserfilter… Da unsere Kinder Musik machen, schleppen wir noch eine Gitarre und eine Geige mit. Dazu kommen noch ca. 23 kg Schulmaterialien. In Malaysia hatten wir vor, nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs zu sein. Aber das haben wir nur ca. 2 Wochen durchgehalten. Wir haben sehr viel Gepäck, mit 6 Personen lange Strecken mit dem Bus zu fahren ist nicht wirklich billig, das endlose Warten auf die Busse brauche ich auch nicht jeden Tag und was am Wichtigsten ist, an die Stellen, wo wir hinwollten, kommt man nicht leicht mit dem Bus. Darum haben wir uns ein kleines Auto gemietet (25€/Tag) und alles hineingequetscht. Wahrscheinlich werden wir auch in den anderen Ländern ein Auto mieten/kaufen.
10. Was wünscht ihr euch am meisten für die kommenden Monate?
Wir wünschen uns am Meisten, weiterhin nette Begegnungen mit Menschen zu haben. Man erfährt soviel über ein Land und seine Kultur, wenn man in das tägliche Leben von Menschen dort hereingelassen wird. In Australien oder Neuseeland, werden wir versuchen, irgendwo für 2-3 Wochen zu bleiben und ein wenig zur Ruhe zu kommen. Das ständige Weiterreisen und die Flut an neuen Eindrücken ist doch sehr anstrengend. Am liebsten hätte ich ein kleines Häuschen mit Waschmaschine und Küche. Mal sehen, ob das klappt.
Vielen Dank, Jana, für dieses hochinteressante Interview! Wir sind gespannt, was ihr sechs noch alles erleben werdet in den kommenden Monaten.