Magische Momente: Vom Zauber des Anfangs einer großen Reise
Der begnadete Reiseschriftsteller Andreas Altmann schreibt gerne über „magische Momente“ unterwegs: Diese besonderen kleinen Situationen, die oft äußerlich unspektakulär sind und dennoch die ganze Magie des Reisens perfekt in sich vereinen.
Dazu gehört für mich ganz klar der Aufbruch zu einer großen Reise, und je länger die bevorstehende Reise, desto „magischer“ war bisher immer deren Beginn. Wenn die Vorfreude ihren Höhepunkt erreicht und man alles, alles noch vor sich hat. Und nun sind wir vor einer Woche zur bisher längsten gemeinsamen Reise unseres Lebens aufgebrochen: sieben Monate durch Mexiko, Hawaii und den Westen der USA, mit unseren Töchtern, knapp sechs und dreieinhalb Jahre alt. Und ja: Es war ein zauberhafter Beginn! Allerdings nicht gerade der Aufbruch an sich, geschweige denn die Anreise.
Wenn man zwei Kleinkinder und 8 Gepäckstücke bei sich und eine 20stündige Anreise vor sich hat, schwindet jede noch so große Vorfreude irgendwo zwischen Check-in und Jetlag dahin. Doch es gab auch freudige Überraschungen:
- Der so ziemlich entspannteste Langstreckenflug unseres Lebens mit dem A380 nach Houston, auf dem unsere Kinder von den Stewardessen zu den bravsten im ganzen Riesenflieger erklärt wurden (weniger unserer Erziehung als dem Top-Bordprogramm geschuldet, ging aber trotzdem runter wie Honig)
- die wunderbar entspannte Einreise nach Mexiko (2 Minuten) als Ausgleich für die wie immer absurde US-Immigration in Houston (3 Stunden!)
- die Ankunft in unserem kleinen Tropenparadies von Hotel hier in Playa del Carmen
Tiefpunkt war ganz klar unsere unschöne, übermüdete Auseinandersetzung mit den Angestellten der Hertz-Filiale am Flughafen von Cancun, die den ohnehin schon horrenden Preis unseres Mietwagens durch ein unüberschaubares Wirrwarr zusätzlicher Steuern und Versicherungen in absurde Höhen treiben wollten, während unsere aufgedrehten Kinder kreischend zwischen den Autos herumflitzten und sich auf dem Boden der Filiale wälzten (gut, dass die LH-Stewardessen das nicht mehr sahen). Erste Mexiko-Lektion gelernt: Bloß keinen Mietwagen bei Hertz buchen!
Und wann kam er nun, der magische Zauber des Anfangs? Es waren vor allem zwei Momente, und sie kamen ganz unbemerkt, so am zweiten oder dritten Tag nach unserer Ankunft in Playa del Carmen.
Die Kinder standen in Schwimmwesten am Rand eines Cenote, jener geheimnisvollen, dunkelgrün schimmernden, von Schlingpflanzen verhangenen Wasserlöcher im Kalksteinboden von Yucatan, Eingänge zu endlosen unterirdischen Höhlenwelten. Verständlicherweise zauderten sie, in dieses kühle, unheimliche Wasser zu springen, so viel weniger einladend als das karibische Badewannen-Meer, wo sie am Tag zuvor geplanscht hatten. Und dann, Minuten später, strampelten sie strahlend zwischen Fischen und Luftwurzeln, unbändig stolz über ihren Mut und fasziniert von der neuen Erfahrung. Und da wurde uns Eltern schlagartig bewusst, wie viele solcher Augenblicke uns mit ein wenig Glück in den nächsten Monaten bevorstehen. Gemeinsam mit unseren Kindern dürfen wir täglich Neues erleben und sehen, wie sie daran wachsen. Magic Moment der Erste.
Tags darauf waren wir auf der Rückfahrt von der wunderbaren Schnorchel-Lagune in Akumal (mit einem Wasser so glasklar, dass man die tropischen Fischschwärme schon vom Ufer aus erkennen kann), als uns ein Restaurant nur durch seinen Namen zu einem spontanen Stopp verleitete:“La Buena Vida„. Ja, das Leben war gut zu uns, als wir dort mit den Füßen im Sand, eine kühle Kokosnuss in der Hand und einen frischen Fisch auf dem Teller auf die grün schimmernde Karibik blickten. Die Kinder schaukelten barfuß und mit vom Salzwasser zerzausten Haar in den Hängematten und wir stellten fest, dass wir den Wochentag vergessen hatten. Wir waren angekommen auf dieser Reise. Magic Moment der Zweite.
Was immer also noch kommen mag in den nächsten Monaten: Der Anfang war wunderbar, und das kann uns keiner mehr nehmen. Unsere Reise in der mexikanischen Karibik zu starten war für uns perfekt. Wäre ich hier zu einem zweiwöchigen Urlaub, würde ich sicher etwas vermissen. Zu amerikanisiert, globalisiert, kommerzialisiert wäre mir diese perfekt geölte Tourismus-Maschine namens „Riviera Maya“. Starbucks Drive-In, Wasserparks mit 100$ Eintritt und Geldautomaten,die nur US-Dollar ausspucken – wo bitte gehts hier nach Mexiko?
Doch zum einen haben wir unendlich viel Zeit, den Rest des Landes kennenzulernen, zum anderen erleben unsere Kinder hier einen wunderbar sanften Einstieg in eine abenteuerliche Reise. Vor allem aber lässt sich die zauberhafte Natur Yucatans vom Tourismus nicht unterkriegen, seien es die fast schon klischeehaften Puderzuckerstrände am türkisblauen Meer oder die riesigen Morpho-Falter, Schildkröten und tropischen Fischschwärme oder die schaurig-schönen Cenotes.
Ganz zu schweigen von der perfekten Synthese aus Natur und Kultur, die sich einem in Tulum bietet, einer architektonisch eher unspektakulären Maya-Stadt, die aber über einem der schönsten Strände Mexikos thront. Nasenbären und riesige Leguane streifen durch die Ruinen, und unsere Kinder fühlten sich wie auf einem gewaltigen Abenteuerspielplatz.
Doch nun brennen wir darauf, uns in zwei Tagen tiefer hinein in dieses verheißungsvolle Land zu stürzen. Mexiko, wir kommen!
9. Dezember 2015 at 23:10
Susi, wie schoen dich zu lesen. Bald ist Silvester und ich denke an meine Vorsaetze…dein Blog laesst mich auch ein bisschen teilhaben an euren magic moments! Danke Dir dafuer und weiterhin Bon Voyage, ihr Lieben, euer Max et Adeline
9. Dezember 2015 at 23:17
Sehr schöner Bericht! Macht Lust auf mehr! Genießt es und lasst es euch gut gehen! Genießt den Moment und das Leben! Entdeckt es neu mit euren Kindern! Wunderbar! Und lasst uns teilhaben! Inspiriert uns! ?
10. Dezember 2015 at 20:10
Wie schön! Wir haben uns erst gefragt, wie es euch geht und die Kids haben gefragt, wo ihr grad seit. Super geschrieben!
13. Dezember 2015 at 17:35
Freu mich von Euch zu hören und reise in Gedanken mit, wunderschöne Fotos und ein Bericht, der Lust aufs Nachmachen macht! Weiterhin gute Reise und liebe Grüsse aus dem gar nicht so winterlichen Schriese
17. Dezember 2015 at 8:05
Schön, dass es Euch gut geht! Beeindruckende Bilder… und die Farben…
Wir werden von der Ferne weiter teilnehmen 🙂
Und ganz wichtig: Der Theo schickt viele liebe Grüße an die Lili und Mila.
Theo + Christine.