Naturparadies ganz nah: Mit Kindern im Schwarzwald
Manchmal ist das Beste so nah. Wenn mich die Natursehnsucht packt und die Stadtluft mal wieder zu dick wird, dann geht nichts über meinen geliebten Schwarzwald. Auch wenn mir Fernreisen nie fern genug sein können: Für ein paar Tage oder auch nur ein Wochenende kenne ich kein schöneres Nahziel. Der südliche Hochschwarzwald, die Gegend rund um Feldberg und Titisee, ist mein persönliches Naturparadies in Deutschland. Dort, wo die Berge noch etwas höher und die Dörfer noch etwas ursprünglicher sind und die Luft so lecker, dass man sie in Einmachgläsern mit nach Hause nehmen möchte. Balsam für die gestresste Städterseele.
Mit Kindern im Schwarzwald
Zahllos sind dort die Attraktionen für Kinder, bei denen aber auch der Naturgenuss der Eltern nicht zu kurz kommt. Falls es euch wie mir geht und ihr „Spaßbäder, „Wichtelpfade“, „Kletterwälder und „Fun-Parks“ im Urlaub nur noch in herrlicher Natur akzeptabel findet, dann seid ihr im Südschwarzwald richtig. Und wenn ihr richtig wandern wollt, taugen die flächendeckenden Kinderattraktionen auch wunderbar als Bestechung für hinterher.
Die meisten Möglichkeiten hat man im Schwarzwald im (gemäßigten) Sommer und im Herbst mit seiner herrlichen Fernsicht. Der Frühling ist nämlich oft verspätet und unbeständig und die Winter leider nicht mehr schneesicher.
Wo wohnen?
Einer der Reize des Schwarzwaldes liegt im Gegensatz zwischen trubeligen Touristenorten und winzigen Dörfchen, wie man sie in dieser Abgeschiedenheit und Ursprünglichkeit nur selten in Deutschland findet.
Wem Infrastruktur und touristische Angebote direkt vor der Haustür wichtig sind, der quartiert sich im rummeligen Titisee oder Schluchsee mit ihren Wassersport-Angeboten ein. Mehr Ruhe und ein älteres Publikum findet man im schickeren Hinterzarten. Aber auch in den touristischen Orten kommt man schnell vom Trubel in die Natur und findet am Ortsrand stillere Unterkünfte. Ganz ruhig und idyllisch wird es in Dörfern wie Saig, Kappel oder Breitnau.
Absolute Schwarzwaldeinsamkeit findet man im schlichten, kinderfreundlichen Zum Engel (FeWos 50-120€) mit Spielplatz, unweit von Hinterzarten, aber wie in einer anderen Welt. Entschleunigung pur. Etwas mehr kostet die Idylle im benachbarten Waldhotel Fehrenbach mit Gourmet-Restaurant und Spielecke (Kinder unter 6 gratis!).
Wer mit Kindern im Schwarzwald unterwegs ist, wird aber ohnehin bald feststellen, dass Unterkünfte und Restaurants, auch die gehobeneren, eigentlich fast immer kinderfreundlich sind. Hochstühle und Malsachen sind die Regel, oft auch Spielecken und Spielplätze vor dem Haus. Auf den oben verlinkten Homepages der Orte findet ihr Unterkünfte aller Art, vom Bauernhof bis zum Wellness-Hotel.
Schluchsee und Feldberg
Die Möglichkeiten sind grenzenlos. Bei unserem letzten Kurztrip waren wir begeistert vom Schluchsee. Der gleichnamige Ort wird von Touris überrannt, aber ein herrlicher, Buggy-tauglicher Uferweg umrundet den größten See des Schwarzwaldes. Mit Kindern gut machbar sind die 4,5km von Schluchsee nach Aha (wenn das mal kein motivierender Name ist), wo man für den Rückweg die Wahl zwischen Schiff oder Zug hat. Falls das noch nicht als Motivation ausreicht, könnte man noch einen Besuch im Spass-Park Hochschwarzwald oder -bei entsprechendem Wetter- im Erlebnisbad Aqua-Fun in Aussicht stellen (beides in Schluchsee und nur bedingt angenehm für naturliebende Eltern).
Kühler, aber viel idyllischer und „schwarzwaldiger“ badet man sowieso ein paar Kilometer weiter im Windgfällweiher, unserem absoluten Lieblingsort an heißen Sommertagen. Touristen verirren sich eher selten an diesen urigen kleinen Waldsee mit seinem nostalgischen Strandbad. Dabei lässt er sich durch seine strategische Lage perfekt mit einem Schluchsee-Ausflug oder einer Feldberg-Wanderung verknüpfen.
Letzteres ist natürlich alles andere als ein Geheimtipp, aber dennoch eines der lohnendsten Ziele mit Kindern im Schwarzwald. Nach der alpin anmutenden Anfahrt über den Feldbergpass muss man ganz schnell den überlaufenen Parkplatzbereich hinter sich lassen. Der Weg zum Gipfel ist kurz und Buggy-tauglich. (Okay, ich gebe es zu: Wir nehmen trotzdem immer die Seilbahn. Das steile Geschiebe macht mir einfach keinen Spaß.)
Wenn der Gipfel zu voll und der berühmte Alpenblick verhangen ist, kann man aber auch gleich zu einer kinderfreundlicheren Tour aufbrechen: Entweder dem 2km langen, interaktiven Wichtelpfad mit Waldspielplatz oder dem halbstündigen Abstieg zum geheimnisvollen, tiefdunklen Feldsee. Da beide nicht kinderwagentauglich sind, werden Rückentragen im „Haus der Natur“ verliehen. Dort gibt es übrigens auch eine Mitmach-Ausstellung und Kinder ab 8 können ein „Junior-Ranger-Abzeichen“ erwerben. Auch ein Kletterwald für alle Altersstufen ab 4 wird am Feldberg geboten. Ihr seht, es lässt sich dort problemlos ein ganzer Tag verbringen.
Belchen und Todtnau
Wer einfach nur einen wunderschönen, gemütlichen Kinderwagen-Weg mit sagenhafter Aussicht sucht, der sollte besser zum Belchen als zum Feldberg fahren. Mit der Kabinenbahn geht es zum „Entdeckungspfad“, der fast eben den Gipfel umrundet. Mit seinen nur 1,3 km ist er auch perfekt für Kleinkinder, die gerade dem Buggy entwachsen sind. Eltern genießen den fantastischen Blick bis ins Elsaß, während die Kleinen vielen glücklichen Kühen guten Tag sagen.
Für etwas „Action“ im Anschluss könnt ihr im nahegelegenen Todtnau den „Hasenhorn-Coster“ nehmen, der sich als „spektakulärste Rodelbahn Deutschlands“ bezeichnet – nicht zu Unrecht, wie ich finde. Dort gibt es außerdem den „Zauberweg“ mit verschiedenen Spielstationen über 3km.
Titisee und Hinterzarten
Auch Titisee ist als Familienparadies bekannt mit seinen Schwimmbädern, Bootsfahrten, Klettergarten (ab 6), „Wasserpfad“, Funkpark, Abenteuerspielplätzen, Kuckusuhr-Läden, Riesenrad, Bungee-Trampolinen, mehr Eisdielen als Einwohnern… Der Rummel ist wirklich Geschmackssache.
Uns gefällt es besser ein paar Kilometer weiter in Hinterzarten, wo es zwar keinen See, aber auch mehr Ruhe und Natur gibt.
Von den zahllosen „Kinderwanderwegen“ der Region gefällt mir der dortige „Naturerlebnispfad“ am besten. Er führt zwar eher unspektakulär durch den Wald am Ortsrand, bietet aber mehr Ruhe (=Naturerlebnis) und zahme Eichhörnchen. Gut für Kinder machbar und für Naturliebhaber interessant ist außerdem die 1stündige Tour durchs Hinterzartener Moor. Falls mal wieder Bestechung nötig ist, findet ihr im Ort ein Spielzeugmuseum und den niedlichen Retro-Süßwaren-Laden „Lots-of-Lollies“. Größere Kinder lockt vielleicht eher ein Besuch der berühmten „Adlerschanze“, Heimat der Skisprung-Legenden Georg und Dieter Thoma und Sven Hannawald. Auch im Sommer kann man dort bei Trainings und internationalen Wettkämpfen zusehen, und donnerstags und sonntags gibt es sogar Führungen auf die Schanze. Ziemlich beeindruckend, mal dort oben zu stehen, wo die Skispringer sich hinabstürzen.
Apropos größere Kinder: In Hinterzarten startet auch die Tour durch die wildromantische Ravennaschlucht, die sich ab Schulalter eignet und mit dem Besuch einer Glasbläserei (im „Hofgut Sternen„) unterbrochen werden kann.
Vielleicht noch aufregender sind für wanderfreudige Schulkinder die Tour durch die urwüchsige Wutachschlucht bei Löffingen, mit tosenden Wassern und riesigen Farnen oder der wirklich abenteuerliche „Alpine Pfad“ durch den Bannwald am Feldberg.
Eine angemessene Belohnung für Teenager (und ein extremes Kontrastprogramm zur Schwarzwald-Natur) wäre ein Besuch im riesigen, modernen Badeparadies Titisee. Die Eltern können ihre müden Glieder in der herrlichen warmen „Palmenoase“ oder den zahllosen Saunen entspannen, während sich die Teenies in einer Rutschenanlage der Superlative („größte Edelstahl-Halfpipe der Welt“) vergnügen. Achtung: Das mit Abstand tollste Bad im Schwarzwald ist teuer und oft brechend voll, und Kinder unter 16 dürfen nicht in die „Palmenoase“ (Babys schon). Da der Lärmpegel im Rutschenbereich für Erwachsene die pure Folter ist, würde ich nur mit Kindern hingehen, die man dort alleine lassen kann (oder zu zweit, um sich abzuwechseln).
Und jetzt mein Geheimtipp:
Fahrt bei warmem Wetter im Sommer lieber zum oben genannten Windgfällweiher oder ins entzückende kleine Nostalgie-Freibad in Lenzkirch-Kappel , mit nostalgischen Preisen (1,10 € für Kinder) und denkmalgeschützten Umkleiden! Die wunderschöne Lage und entspannte Stimmung entschädigen dort für das ziemlich kalte Wasser. Die Bezeichnung „Geheimtipp“ ist hier mal wirklich angebracht.
Soweit meine Lieblingsplätze in der Region um Feldberg und Titisee, die aber nur einen kleinen Ausschnitt dessen darstellen, was man alles mit Kindern im Schwarzwald erleben kann. Weitere Tipps dürft ihr gerne in den Kommentaren vermerken.
Zum Schluss noch die ultimative Lektüre-Empfehlung: Das herrlich gruselige und spannende Märchen „Das kalte Herz“ von Wilhelm Hauff weckt Neugier auf den geheimnisvollen Schwarzwald :„Schatzhauser im grünen Tannewald, bist schon viel hundert Jahre alt. Dir gehört all Land, wo Tannen stehn – lässt dich nur Sonntagskindern sehn“.
Passt nur auf, dass sich ängstliche Kinder danach noch in dunklen Tannenwald hineintrauen…..
Literaturtipps für die Eltern:
Freizeitziele für Kinder im Schwarzwald, von H.Hühn&S.Strüwing, J.Berg-Verlag 2008
Schwarzwald-Wandern mit Kindern, Adac -Wanderführer 2013.
Südschwarzwald, von R.-R. Braun, Michael Müller Verlag 2011